Dies sind sicher nicht die einzigen Möglichkeiten, die
entsprechenden Einstufungen auszudrücken. Für eine sehr gute
Beurteilung muss jedoch unbedingt der Zeitfaktor (stets, immer, jederzeit) und
auch der Superlativ (sehr, außerordentlich) vorkommen. Das Wort
"vollste" hat dabei eine hohe Verbreitung gefunden, stellt jedoch keine
grammatisch korrekte Form dar (mehr als voll geht nun mal nicht!). Soll die
Leistung mit gut bewertet werden, ist zumindest eins von beiden zu
verwenden (siehe oben). Dabei ist jedoch die erste Formulierung als höherwertig
anzusehen.
Viele Zeugnisschreiber und -leser messen diesem
Gesamturteil übertriebene Bedeutung zu. Wenn ein Zeugnis "sehr
gut" zum Ausdruck bringen soll, muss weit mehr als nur "stets
zur vollsten Zufriedenheit! ausgesagt werden . Ein qualifiziertes Zeugnis muss
auch darstellen, worin sich die Qualitäten äußern, die zu dem
Gesamturteil führen. Es sind dazu fachliche und persönliche Merkmale zu
beurteilen und eine Aussage über die Führung des Mitarbeiters zu treffen.
Beispiele für
Beurteilungsmerkmale können z.B. sein:
Fachwissen
Anwendung von Fachwissen
Initiative
Selbständigkeit
Ausdauer
Belastbarkeit
Flexibilität
Kreativität
Fleiß
Sorgfalt
Zuverlässigkeit
Verantwortungsbewusstsein
Quantität der Arbeit
Arbeitsergebnis/-qualität
Soziales Verhalten
Zusammenarbeit
Führungsverhalten
Motivationsfähigkeit
usw.
Welche Merkmale im
Einzelfall beurteilt werden sollten, hängt von der Tätigkeit und der
Hierarchie des Mitarbeiters ab. So kann Fachwissen kein
Beurteilungsmerkmal bei Auszubildenden sein, Führungsverhalten ist bei
einem Akkordarbeiter nicht zu beurteilen. Dagegen ist es unerlässlich,
bei einem Mitarbeiter, der eine Kasse geführt hat, Ehrlichkeit, bei Außendienstlern
oder Serviceleuten die Akzeptanz bei Kunden zu beurteilen.
Für
die Formulierungen bei der Beurteilung gilt: sehr gute Beurteilungen
müssen im umgangssprachlichen Sinne sehr überschwänglich klingen.
Was umgangssprachlich „normal“ klingt wird dagegen selten besser als
„befriedigend“ verstanden. Auch hier ist analog zum Gesamturteil ein
Superlativ (sehr, höchst, außerordentlich) und - wo sinnvoll - der
konstante Zeitfaktor (stets, immer, jederzeit) zu verwenden.
Beispiel:
Selbst
unter Termindruck widmet sie sich ihren Aufgaben mit äußerster
Sorgfalt und Genauigkeit (Sorgfalt = 1),
dabei arbeitet sie zügig und konzentriert (Arbeitstempo
= 2-3), so dass ihr die zeitgerechte Erledigung
übernommener Aufgaben stets
gelingt (Zuverlässigkeit = 1).
Gewarnt
werden muss allerdings davor, das Ganze aus dem Auge zu verlieren. Das
Niveau, auf dem eine sehr gute Beurteilung formuliert wird, wirkt sich
nicht nur durch ein "sehr gut" aus, sondern auch durch eine angemessene
Wortwahl.
Beispiel:
"Er
wusste sich zu helfen, wenn Ungewohntes geschah." drückt eine
befriedigende Beurteilung der Flexibilität aus. Es wird nicht
automatisch ein sehr gut, wenn ich schreibe "Er wusste sich stets
sehr gut zu helfen, wenn ...", weil ein außerordentlich flexibler
Mitarbeiter nicht in eine ungewohnte Situation "geraten"
würde. Hier braucht es schon die Darstellung einer aktiven und
souveränen Arbeitshaltung: "Neuen Situationen begegnete er stets
offen und meisterte sie innerhalb kürzester Zeit, ohne dass eine
Leistungsminderung festzustellen war."
Wie
die Formulierung im Einzelfall klingt ist aber auch eine Stilfrage
des Beurteilenden. Letztlich muss klar sein, dass es im Streitfall
darauf ankommen wird, die Bedeutung solcher Aussagen glaubhaft zu
machen. Einen Anspruch auf eine ganz bestimmte Formulierung spricht das
Arbeitsgericht einem Arbeitnehmer in aller Regel nicht zu!
Die Führung ist mit
einer Aussage darüber zu versehen, wie das persönliche Auftreten
gegenüber Vorgesetzten, Kollegen, Mitarbeitern und ggf. Kunden war.
Grundregeln für die Beurteilung gelten hier in analoger Weise. Beliebt
ist das Spielen mit der Reihenfolge der o.g. Personenkreise. Eine
Veränderung derart, dass zuerst das Verhältnis zu Kollegen und dann
erst zu Vorgesetzten erwähnt wird, liest man gerne als Andeutung auf
zweifelhafte Loyalitäten oder Probleme mit Vorgesetzten. Abgestuft wird
z.B. durch "einwandfrei" (zufriedenstellend), "jederzeit
einwandfrei" (gut) und "stets vorbildlich" (sehr gut).
Die
Schlussformel enthält meist eine Andeutung über die Art des
Ausscheidens bzw. den Anlass für das Zeugnis. Üblich ist auch die
Aufnahme einer Dankesformel, der Ausdruck über das Bedauern, falls der
Bewerber ausscheidet und gute Wünsche für die berufliche und private
Zukunft.
Die
Bedeutung von Zeugnissen
Mein ganz
persönlicher Standpunkt zu diesem Thema stellt eigentlich die oben
stehenden Aussagen in Frage. Die Gültigkeit solcher
Formulierungsregeln ist nämlich immer im Zusammenhang mit der
Auffassung der Autoren und Leser von Arbeitszeugnissen zu sehen. Ich
habe mich zwar an gängige Auffassungen aus der Literatur namhafter
Verlage und aus dem, was in Fortbildungsseminaren gelehrt wird,
gehalten. Aber das ist nicht zwangsläufig identisch mit dem, was Leser
von Zeugnissen erwarten oder was Arbeitsgerichte in Urteilen aussagen.
Beispiel:
Die jüngste
Rechtsprechung hat festgehalten, dass ein Arbeitnehmer, der ein sehr
gutes Zeugnis ausgestellt bekommen soll, deshalb nicht automatisch
Anspruch auf eine Schlussformel hat, die Dank für die Zusammenarbeit,
Bedauern über das Ausscheiden und gute Wünsche für die Zukunft
enthält. Ich kenne jedoch sehr viele Personalverantwortliche, die dem
Fehlen eben dieser Bestandteile eine äußerst negative Bedeutung
beimessen. Und was soll ich als Leser eines Zwischenzeugnisses davon
halten, wenn bei einer sehr guten Beurteilung nicht auch die Hoffnung
auf eine weitere gute Zusammenarbeit zum Ausdruck gebracht wird?
Wenn also die Interpretation
eines Zeugnisses so unsicher ist, weil Autoren oft etwas ganz
anderes ausdrücken wollen, als später daraus gelesen wird, stellt das
sicher die Aussagekraft von Arbeitszeugnissen in Frage. Ich kann nur
jedem wünschen, dass die o.g. Grundsätze von seinem Beurteilenden
befolgt werden, bzw. dass eine faire Gesprächsbereitschaft über die
Gestaltung des Zeugnisses angeboten wird, damit keine versehentlichen
"Klopse" den Weg in eine Unterlage finden, die meines
Erachtens viel zu sehr überbewertet wird. |